Zugegeben, Idealbedingungen wie unser Freund hier haben wir selten. Die Sonne scheint, ein Loch in einer großen Eisplatte, eine wunderschöne Schneelandschaft… was will man mehr. Doch ob es immer ein Eisloch in Skandinavien sein muss oder ob wir bereits mit einer kalten Dusche am Morgen etwas für die Gesundheit oder einen ganz bestimmten Muskel getan haben, das schauen wir uns in diesem Beitrag genauer an.
Die Grundlagen
Generell kann man vom Eisbaden, je nachdem welche Studie man liest, ab einer Temperatur von unter 15°C sprechen. Ab diesem Temperaturbereich reagiert der Körper mit den gewünschten, extremen Maßnahmen. Die Ursprünge des Eisbadens kommen aus Skandinavien, Finnland und Russland. Hier hat das Eisbaden teilweise religiöse Hintergründe oder gehört zur Saunakultur dazu, allerdings werden dem Sprung ins eisige Nass auch gesundheitliche Vorteile nachgesagt. Mutmaßliche positive Auswirkungen auf Körper und Psyche können beispielsweise eine Verbesserung des Immunsystems, der Durchblutung, verbessertes Entzündungsmanagement, gesteigertes Wohlbefinden durch Stressresistenz, ein Gefühl der Euphorie, das Freisetzen von Endorphinen und gesteigerte Willenskraft sein.
Wer jetzt auf schnellstem Wege das nächste Eisloch aufsuchen möchte, dem sei allerdings ebenfalls gesagt, dass all diese, möglicherweise auftretenden, positiven Effekte, einem großen Risiko gegenüberstehen können. Solltest du an einer Herzerkrankung leiden, kann der plötzliche Kälteschock unter Umständen schwerwiegende Folgen haben. Beim sogenannten Kälteschock ziehen sich die Blutgefäße zusammen, der Blutdruck steigt, das Herz pumpt schneller – der Körper will keine Temperatur mehr nach außen abgeben und heizt dem Maschinenraum ein. Diese Kombination kann bei Menschen mit Vorerkrankung zu Komplikationen führen. Wenn du also weißt, dass du vorerkrankt oder dir unsicher bist, ist ein sanftes und schrittweises herantasten an das Thema Eisbaden und ein Gespräch mit deinem Arzt ratsam.
Was wir wissen
Was ist nun also bekannt über das Eisbaden, ein Thema zu dem bereits 1790 die ersten Experimente durchgeführt wurden? Durch verschiedene Studien können positive Effekte auf das Herz-Kreislauf- und das Immunsystem vermutet werden. So hatten Studienteilnehmer verbesserte Blutfettwerte und reduzierte Homocystein-Werte, ein Blutwert, der in Verbindung mit der frühen Entwicklung von Herzerkrankungen steht. Ebenfalls wurde eine Zunahme der Insulinsensivität gemessen, dieser Effekt zeigte sich besonders bei weiblichen Personen und Menschen mit normalem Körperfettanteil. Beim Eisbaden über mehrere Tage hinweg wurde eine Optimierung des Blutdrucks festgestellt. Auch wurde für den Zeitraum des Eisbadens eine Zunahme der Leukozyten (=Immunzellen) festgestellt, was direkt mit dem Schutz vor Entzündungen und Infektionen in Verbindung gebracht werden kann.
Doch warum können diese positiven Folgen nur vermutet werden? Das liegt daran, dass die Aussagekraft dieser Studien stark angezweifelt wird, so wurden teilweise keine Kontrollgruppen gebildet, Blutwerte von aktiven Eisbadenden, mit denen von nicht-aktiven Eisbadenden verglichen, ohne weitere körperliche Merkmale zu beachten. Teilweise wurden Zielgruppen zu klein oder zu speziell gehalten, um eine wissenschaftliche Aussagekraft zu erzeugen (beispielsweise in Studien mit bis zu 20 Teilnehmern, vorwiegend Leistungsschwimmer und -schwimmerinnen).
Doch es gibt auch Auswirkungen des Eisbadens, die durch die Wissenschaft und/oder dokumentierte Erfahrungsberichte bereits belegt sind. So wurde in Studien eine Verringerung von oberen Atemwegserkrankungen und reduzierte Arztbesuche aufgrund von Erkältungen nachgewiesen.
Ein ebenfalls erwünschter Effekt des Eisbadens ist die Bildung und Steigerung der Aktivität von braunem Fettgewebe im Körper. Warum wollen wir mehr braunes Fett als weißes Fett im Körper? Weißes Fett dient dem Körper lediglich als Energiespeicher und Isolationsschicht, während braunes Fett mitverantwortlich für die Wärmeproduktion im Körper ist, in dem es Fette direkt verbrennen kann. Dadurch kann es eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Übergewicht einnehmen und hält uns auch im Winter schön warm.
Eisbaden stärkt einen besonderen Muskel
Zuletzt noch ein großer Pluspunkt, der hier bisher noch unerwähnt blieb, für mich aber sehr relevant ist: Die Stärkung des Willensmuskels!
Ja, du hast richtig gelesen, der Wille kann wie eine Art Muskel betrachtet werden. Mit jeder Entscheidung, die für uns möglicherweise unbequem ist oder bei der wir einen Mehraufwand gegenüber dem bequemen Weg haben, stärken wir diesen Muskel. Ich selbst war ein absoluter Warmduscher, doch seit etwa sechs Monaten gehe ich mindestens fünf Mal die Woche morgens eiskalt duschen, bei im Schnitt 14,2 Grad kaltem Leitungswasser in Deutschland. Stärke ich damit mein Herz-Kreislauf- und mein Immunsystem? Hoffentlich! Ich stärke aber definitiv und zu 100% meinen Willensmuskel. Das Gefühl nach einer kalten Dusche wahrzunehmen, wie der Körper sich langsam selbst erwärmt und so in einen Tag zu starten, fühlt sich fast wie eine Superkraft an, probiere es gerne selbst aus!
Wie sieht also unser Fazit zu diesem großen Thema Eisbaden aus? Es kann vermutet werden, dass Eisbaden vielfältige positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat. Beispielsweise ist hier eine positive Verschiebung der Blutfettwerte, eine Verbesserung des Blutdrucks und die möglicherweise verringerte Gefahr der Entstehung einer Herzerkrankung zu nennen. Aus wissenschaftlicher Sicht darauf verlassen können wir uns allerdings nicht.
Was wir mit Gewissheit sagen können, ist, dass wir weniger oft aufgrund einer Erkältung zum Arzt gehen müssen, dass das Vorhandensein von braunem Fett stark begünstigt wird und wir mehr braunes Fett als weißes Fett wollen, und dass wir durch Eisbaden oder kalt duschen eine Superkraft entwickeln können, einen Super-Willen, der uns in allen Lebenslagen weiterhilft, nicht nur während des kalten Duschens.
Solltest du Fragen haben, auf der Suche nach Unterstützung sein, um deine persönlichen Gesundheitsziele zu erreichen oder du findest den Artikel spannend und freust dich auf weitere Beiträge, kontaktiere uns gerne.
Da dieses Thema wirklich umfangreich ist und gerade unserer Meinung nach berechtigterweise einen Hype genießt, haben wir hier für besonders motivierte Leser noch einige Studien beigefügt:
https://www.mdpi.com/1660-4601/17/23/8984#B10-ijerph-17-08984